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Unternehmenswerte: Lücke zwischen Anspruch und Realität

Nur jeder zweite Beschäftigte in Deutschland weiß, für welche Werte sein Unternehmen steht. Zwar schreiben Firmenchefs sich gern Schlagwörter wie Kundenorientierung, Fairness, Bescheidenheit oder Pflichterfüllung auf die Fahnen. Aber 50 Prozent der Mitarbeiter und leitenden Angestellten wissen und merken davon nichts. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Leadership im Topmanagement deutscher Unternehmen”, für die Rochus Mummert Mitarbeiter und Führungskräfte großer und mittelständischer Firmen befragt hat.

Es ist schon Trauerspiel: In sämtlichen befragten großen und mittelständischen Unternehmen aus Handel, Dienstleistungssektor und produzierendem Gewerbe/Industrie gibt es ein Leitbild. Aber nur 53 Prozent der leitenden Angestellten und 47 Prozent der Mitarbeiter stimmten dem zu, so die Studie. Zudem fänden nur 17 Prozent der Befragten, ihre Chefs würden die selbst definierten Grundsätze auch vorleben.

Werte von der Stange?

Eine Ursache für diese Situation sieht Claudia Tödtmann darin, dass „diese Unternehmenswerte von der Stange (kommen), von einer PR- oder Werbeagentur, die sie dutzendfach an ihre Kunden verkauft”. Das mag in einigen Fällen so sein. Und wenn es so ist, dann trägt das sicher zur allenthalben zu beobachtenden Austauschbarkeit vieler Unternehmenswerte und -leitbilder bei. Aber: Es gibt durchaus Unternehmen, die in einem sehr aufwendigen internen Prozess (der Autor hat solche selbst miterlebt) ihr Leitbild erarbeiten. Das mag mit externer Unterstützung erfolgen, „von der Stange” sind solche Leitbilder deswegen aber noch nicht.

Einhaltung des Leitbildes muss gehaltsrelevant sein

Das Problem mit Leitbildern ist in der Regel, dass sie zwar manch vernünftige Orientierungspunkte enthalten, an die sich hinterher aber niemand wirklich halten muss. Zumindest ist die Zuwiderhandlung in der Regel nicht mit Sanktionen belegt. Letztlich kann man munter gegen Unternehmenswerte und gewünschte Verhaltensweisen verstoßen; so lange die Zahlen stimmen, ist mit Gegenwind nicht zu rechnen. Hier liegt der Hund begraben. Leitbilder werden dann ihren Zweck erfüllen, wenn ihre Einhaltung oder Nicht-Einhaltung gehaltsrelevant ist. Will heißen: Wer dauerhaft gegen Unternehmenswerte verstößt, merkt dies irgendwann in seiner Gehaltsabrechnung.