Commerzbank ringt um Privatkundenvertrauen” titelte am 18. August 2012 die F.A.Z. auf Seite 1 des Finanzteils. Die Wende solle mit weniger Verkaufsdruck und mehr neutraler Beratung im Interesse der Privatkunden gelingen. Michael Mandel, Bereichsvorstand Private Kunden, sagt dazu: „Wir wollen zeigen: Wir haben verstanden. Wir zielen im Beratungsgespräch nicht mehr sofort auf den Produktverkauf, sondern sprechen zunächst mit dem Kunden über seine Lebenssituation, seine Bedürfnisse und Ziele.”

Selbstverständlichkeiten als Errungenschaft

Wenn man das liest, ist man über das offene Wort ebenso erfreut, wie man über die Naivität entsetzt ist. Da verkauft ein für Privatkunden verantwortlicher Vorstand es als Errungenschaft, dass man sich „als Bank ausschließlich in die Sicht des Kunden versetzen” wolle. Das dürfte wohl das sein, was Kunden immer schon erwartet haben. Zunächst seine Lebenssituation, Bedürfnisse und Ziele zu ermitteln, bevor Produkte verkauft werden, gehört zum Handwerk eines Kundenberaters. Das ist offensichtlich eine Weile aus dem Blick geraten. Gleichwohl sagt Mandel: „Wir verändern uns gerade an vielen Stellen, um noch fairere und kompetentere Beratung zu bieten.” Das Verblüffende ist hier das Wort „noch”. Es signalisiert eine abermalige Steigerung von bereits hohem Niveau. Von dem aber wohl kaum gesprochen kann, wenn nun propagiert wird: „Den individuellen Bedarf zu ermitteln, ist der erste Schritt.” Wenn der erst jetzt kommt, muss sich die Commerzbank die Frage gefallen lassen, wie fair und kompetent denn die Beratung bisher war, die sie nun „noch” fairer und kompetenter machen will.

Wider die Hypnose-Formeln

Glaubwürdige Kommunikation geht anders! Wenn man schon Defizite erkannt hat, sollten sie offen bekannt werden – ohne den Versuch zu unternehmen, mit Hypnose-Formeln a la „noch besser”, „noch transparenter”, „noch umfassender” so zu tun, als habe man zuvor schon (fast) eine Art Optimum erreicht, auf das man nun noch eine Schippe drauflegt.